Begründer der reformierten Tradition sind vor allem der Zürcher Reformator Huldreich Zwingli (1484 – 1531) und der unter anderem in Genf wirkende Reformator Johannes Calvin (1509 – 1564), ein Zeitgenossen Martin Luthers. Man nennt die Herausbildung dieser Tradition auch die zweite Reformation bzw. den linken Flügel der Reformation. So kommt es in der Abendmahlsfrage zur Trennung zwischen Luther und Zwingli während der „Marburger Religionsgespräche“ – Stichworte: Wein und Brot beim Abendmahl „ist“ (Realpräsenz nach Luther) bzw. das „bedeutet“ (Symbolgehalt laut Zwingli) mein Blut, mein Leib.
Besonderheiten reformierter Gemeinden
Die evangelisch-reformierte Kirche ist zum Teil aus dem Zusammenschluss einzelner Gemeinden entstanden, die weithin ihre Eigenständigkeit behalten. Die Gemeinden wählen ihre Pastoren in Urwahl. In den verschiedenen Gremien sind mehr Laien als Pastoren vertreten.
Die evangelisch-reformierte Gemeinde kennt keine Hierarchie. Sie wird von der Basis der Gemeindeglieder verwaltet. Nur das, was die Gemeinde nicht allein und vor Ort regeln kann, wird an eine höhere Instanz gegeben. Diese in demokratischer Tradition stehende Struktur wird als presbyterial-synodal bezeichnet.
Die Leitung der Gemeinde obliegt dem Presbyterium (Kirchenrat), einem von den Gemeindegliedern gewählten Laiengremium. Mehrere Gemeinden sind auf der nächsten Ebene zu Synodalverbänden zusammengeschlossen. Diese Verbände wiederum wählen Vertreter (Synodale), überwiegend Laien, für die Gesamtsynode. Sie hat die Leitung der Gesamtkirche inne und wird einberufen und geleitet vom Präses. Alle zwölf Jahre wird von der Gesamtsynode als geistlicher Leiter der evangelisch-reformierten Landeskirche der Kirchenpräsident gewählt.
Die ständige Vertretung der Gesamtsynode, alle sechs Jahre unter den Synodalen gewählt, ist das sogenannte Moderamen, dem neben dem Präsidenten und dessen Vizepräsidenten (einem Juristen) der Präses der Gesamtsynode und sieben weitere Synodale angehören. In der evangelisch-reformierten Kirche gibt es kein Bischofsamt.
Der Gottesdienst ist vor allem Predigtgottesdienst. Er kommt ohne den liturgischen Wechselgesang zwischen Pastor und Gemeinde (alter Synagogen- bzw. Wochengottesdienst) aus. Dagegen übernahm Luther die römisch-katholische Gottesdienstordnung ohne „Messopfer“.
Im Kirchenraum der Evangelisch-reformierten Gemeinde Lübeck ist das Bilderverbot deutlich (un)sichtbar, denn: „Du sollst dir kein Bildnis machen…“ ist nach dem Alten Testament das 2. Gebot. Luther hat die katholische Zählweise übernommen und das 1. und 2. Gebot in eins zusammengefasst. Nach reformiertem Verständnis schafft das lebendige Wort den Glauben.
Der Gottesdienstraum ist Versammlungsraum, kein Kultraum. Es fehlt ein Altar. Stattdessen steht der Abendmahlstisch in der Mitte: Nach dem einzigen und einzigartigen Selbstopfer Jesu Christi gibt es kein Opfer – also auch keine Priester und keinen Altar mehr. Die Taufschale (1745) wird bei Bedarf benutzt.
Die Reformierten sprechen von der Königsherrschaft Christi. Daraus ergibt sich, dass es keine Bereiche unseres Lebens gibt, in denen nicht Christus der Herr wäre bzw. sein sollte (siehe das „Bekenntnis von Barmen“ (1934), das wichtig ist für die politische Verantwortung des Christen).