Walcker-Orgel

Die Orgel der Evangelisch-reformierten Kirche ist in der Lübecker „Orgellandschaft“ eine historische Besonderheit. Im Jahre 1909 wurde sie von der Werkstatt „E. F. Walcker & Co, Ludwigsburg, Württbg.“ als „opus 1490“ erbaut. Das Instrument ist – nach Elektrifizierung der 1910 gebauten größeren Walcker-Orgel in St. Gertrud – die einzige Orgel mit originaler rein pneumatischer Spiel- und Registertraktur in Lübeck.

Pneumatische Traktur bedeutet, dass die Betätigung einer Taste oder eines Registers weder mechanisch noch elektrisch, sondern durch Winddruck in Bleiröhrchen weitergegeben wird („pneuma“ = Wind). Die Erfindung dieses Systems war im 19. Jahrhundert eine hochmoderne Neuerung, auf die Dr. h.c. Oskar Walcker (1869-1948) stolz sein konnte.

Zum Spielen auch großer Orgeln war weniger Muskelkraft notwendig, d. h. der Tastendruck war – auch bei gekoppelten Manualen – wesentlich geringer als bei den meisten größeren Orgeln mit mechanischer Traktur. Im Vergleich mit letzteren musste allerdings beim pneumatischen System eine leichte Tonverzögerung in Kauf genommen werden.

Walckers „opus 1490“ hat auf zwei Manualen und Pedal folgende 19 Register:

1. Manual (Hauptwerk, 8 Register):

Bourdon 16′, Prinzipal 8′, Flöte 8′, Gamba 8′, Oktave 4′, Blockflöte 4′, Piccolo 2′, Mixtur 1 1/3′

2. Manual (Schwellwerk, 7 Register):

Gedackt 8′, Quintatön 8′, It. Prinzipal 4′, Traversflöte 4′, Waldflöte 2′, Quinte 1 1/3′, Krummhorn 8′

Pedal (4 Register):

Violonbass 16′, Gedacktbass 16′, Prinzipal 8′, Nachthorn 4′

1939/40 war das 2. Manual des inzwischen dreißigjährigen Instrumentes behutsam den Vorstellungen der sog. Orgelbewegung angepasst worden, was oben durch Kursivdruck wiedergegeben ist. Dieses 2. Manual war ursprünglich viel grundtöniger als heute. Es enthielt beispielsweise Flöte 8′,  Aeoline 8′ und Vox Coelestis 8′ statt der jetzigen Register Waldflöte, Quinte und Krummhorn, und der jetzige Italienische Prinzipal 4′ klang ursprünglich eine Oktave tiefer (8′).

Armin Schoof